Ist das Thema "Mobilität einer Gesellschaft" nicht etwas komplexer?
Ja, das ist es.
Das Thema hat viele verschiedene Aspekte und Ebenen, bei denen es kein "entweder oder" gibt.
In Summe kann es nur auf einen Mix verschiedener Maßnahmen, Lösungen, Ansätze und Mittel geben. Zu unterschiedlich sind Ziele, Anforderungen und Notwendigkeiten sehr vieler Akteure. Es ließt sich hier im Thread bereits ja genau so.
Da ist zum einen der Gegensatz Stadt <-> Land.
So wie unsere Systeme aktuell aufgebaut sind braucht es faktisch individuelle Autos auf dem Land.
Einen flächendeckenden ÖPNV mit hinreichender Frequenz und Netzdichte werden wir mit aktuellen Mitteln und Herangehensweisen nicht etablieren können.
Hier braucht es andere Ansätze.
Ob es Car Sharing, Ortsteil-Transportvehikel, Ruftaxis, autonome (und damit Personalkostenreduzierte) Transportvehikel oder klassische Öffis sind, muss man austarieren.
Die eine Lösung wird es nicht sein; ein Mix muss etabliert werden, der auf die lokale und regionale Gegebenheit angepasst ist.
Beim Anpassen und Etablieren darf man auch die Demografie nicht aus dem Blick verlieren.
In urbanen Gefilden sieht es hingegen anders aus.
Bewegt man sich in Großstädten, so ist schon heute festzustellen, dass Autofahren längst keinen Spaß mehr macht und dazu je nach zurückzulegender Strecke nicht mehr die zeiteffizienteste Variante des Vorankommens ist. Dazu kommt, dass mit den nicht-autonomen Fahrzeugen die Fahrzeit im urbanen Raum vergeudete und unproduktive Zeit ist.
Wir kämpfen bei uns mit "gewachsenen" Strukturen der Öffis. Diese Strukturen sind meist nicht effizient und optimal.
Es wurde der Hinweis bereits gebracht, dass eine neugebaute Stadt, auf dem Reißbrett entworfen und auf der grünen Wiese errichtet, heute anders aussehen würde.
Dieser Ansicht stimme ich zu.
Aber auch in bestehenden Städten, Megacitys und urbanen Agglomerationen kann viel erreicht werden, so die Administration den Durchsetzungswillen und das Geld dafür hat.
Durchsetzungswillen gibt es bei uns nicht mehr - der Wutbürger schafft alles zu verhindern; kein Entscheidungsträger wagt das Wort "coleteral damage" in den Mund zu nehmen.
Geld zu organisieren wäre auch nur eine Frage der Priorisierung.
Gut sehen, dass es funktionieren kann, kann man z.B. in asiatischen Städten. In Japan zum Beispiel würde ich nie auf die Idee kommen mir einen Mietwagen zu mieten, so ich nicht die gebirgigen Landesteile erkunden will. Dort ist ein Leben ohne Auto in den urbanen Arealen besser möglich als mit.
Es sei dabei aber erwähnt, dass das Funktionieren des Systems über die Bedürfnisse des einzelnen Anwohners gestellt wird.
Auch eine gewisse Technologie-Offenheit ist von Nöten für die Einführung und Etablierung anderer Mobilitätskonzepte.
Dies beinhaltet auch ganz explizit den Mut zu Experimenten, was bei uns weitestgehend nicht mehr gegeben ist. Das Ausprobieren ist bei uns das "potentielle Scheitern", Bedenken werden exzessiv durchgekaut und mal zu sagen "war nichts, aber wir haben dies und das gelernt" ist stigmatisiert als Versagen.
Letztlich ist es auch eine Frage der Mentalität was mach- und erreichbar ist.
Ohne dies brauchen wir nicht ernsthaft weiter über Ressourcen, etc. zu diskutieren.