Hmm, ich weiß nicht, ob der Strommarkt mit anderen Marktsegmenten vergleichbar ist und hier die Marktmechanismen in gleichem Umfang greifen. Rein technisch gesehen muss im Stromnetz Angebot und Nachfrage immer nahezu exakt übereinstimmen, sonst weicht die Netzfrequenz zu sehr von 50Hz ab. Man kann das Gut (hier elektrische Energie) auch nicht auf Halde produzieren (sprich in nennenswerten Mengen vorrätig speichern) oder künstlich verknappen (ohne die Netzstabilität zu gefährden), um auf den Strompreis einzuwirken. Darüberhinaus besteht der Endkundenpreis zu einem hohen Anteil aus Fixkosten, auf die ein Stromproduzent gar keinen Einfluss hat. Seine Anstrengungen wirken also nur sehr gedämpft.
Rein wirtschaftswissenschaftlich betrachtet, sind grundsätzlich auf allen freien Märkten Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht. Daher heißt der Marktpreis auch Gleichgewichtspreis, weil sich dort Angebot und Nachfrage ausgleichen, sprich es genau so viel Angebot wie Nachfrage gibt. Und jetzt kommt‘s. Der Staat greift ein und legt einen Höchstpreis fest (z.B Mietendeckel oder Mietpreisbremse). Nun haben weniger Vermieter oder Baufirmen Lust zu bauen. Auf eine gleich hohe Nachfrage trifft also ein geringeres Angebot und schon haben wir einen Nachfrageüberhang. Da würden eher der soziale Wohnungsbau aus den 1970er Jahren helfen. Aber der endete in hoher Staatsverschuldung.
Hinsichtlich Lagerhaltung stimme ich Dir zu. Solange wir nicht genug Speichermöglichkeiten haben (Pumpspeicherwerke, Wasserstoff, Batterien, E-Autos), ist „Strom“ oder besser Energie schwieriger zu lagern als Klopapier. Daher plädiere ich auch für die Abschaffung der Förderung von Wind-, Wasser- und Solaranlagen. M.E. müssen wir dazu übergehen, Stromspeicher zu fördern und sogar zuzulassen, dass Besitzer von privaten Hausspeichern in die Direktvermarktung einsteigen können. Mit welchem Recht - oder besser ökonomischer Vernunft - darf ich an einem sonnigen und windreichen Oktobertag über die Mittagszeit ins Deutsche Netz einspeisen und bekomme rund 8 Cent dafür, dass ich die Netze an den Rand des Kollaps treibe bzw. Großanlagen gegen Entschädigung abgeschaltet werden! Das ist doch Nonsens. Wir müssen m.E. die Menschen monetär lenken.
Ich stimme Dir auch hinsichtlich des Gesamtpreises des Haushaltsstroms zu. Meine Ausführungen bisher bezogen sich berufsbedingt als Börsianer auf die Börsenstrompreise. Wenn die Netzentgelte, Steuern, etc. wie aktuell rund die Hälfte bis 100% (bei negativen Strompreisen sogar darüber) des Gesamtpreises ausmachen, dann müssten wir uns auch überlegen, ob die Netzentgelte auch variabel sind, also zu Zeiten, wo das Netz stark belastet wird hoch und zu anderen Zeiten niedriger. Das würde m.E. die Verbraucher nochmals anhalten, netzdienlicher ihre Verbraucher zu steuern. Ich könnte dann sogar mit Heimspeicher und noch besser mit V2G ein Geschäftsmodell aufmachen. Aktuell verdienen daran eher die österreichischen Pumpspeicher, die sich dafür bezahlen lassen, überschüssigen Strom aus D abzunehmen und so unser Netz zu stabilisieren.