Ich bin selber Softwareentwickler und vermute es sieht so aus:
Jede Software muss in irgendeiner Form einen Rechner/Server haben auf dem sie läuft. Das ist bei jeder modernen Zahnbürste (Mikroplatinen), Wallbox (meist irgendwas Richtung Kleinplatine wie Raspberry Pi) und auch bei jedem Auto so (bei Experimenten Richtung vollautonomes Fahren kamen in den letzten Jahren auch schon Hardcore-Chips von Nvidia zum Einsatz, Tendenz Massenproduktion). Im Enyaq dürfte es mindestens 2 Softwaresysteme geben - eines für die Fahrzeugsteuerung (Lenken, Bremsen, Gas), eines für Infotainment und Bedienung (aktuell ME3). Vermutlich gibts dazwischen noch ein paar weitere Layer. Aus Sicherheitsgründen dürfte alles was "nur Spaß" ist (also Klimaanlage, Lautstärke, Lenkrad-Knöpfe, etc) auf einem gesonderten Chip laufen - wenn der abstürzt muss man immer noch bremsen können.
Dieser im Einsatz befindliche Chip wird idR in Masse gefertigt und nur in kleinen Schritten optimiert. Damit alles weiter kompatibel bleibt werden Verbesserungen immer basierend auf einer Kern-Komponente gehalten, bspw. gibts mal mehr Arbeitsspeicher, mal mehr Rechenpower - am Ende ist es aber die gleiche technische Struktur und Basis. Diese Basis war vermutlich (abgeleitet aus der Pressemeldung) bis jetzt nicht mit einem zukünftig relevanten UNECE-Standard kompatibel - da man diesen Schritt zukunftsorientiert mitgehen will (oder regulatorisch muss?), muss man die technische Basis einmal anpassen und ändert die Hardware mit diesem Modelljahr etwas grundlegender um den MEB zukunftsfähiger zu machen. Es könnte andere Gründe für den Wechsel geben (Kosten? Ressourcen? Performance?), genau kann ich es nirgends finden.
Neue Hardware bringt immer neue Möglichkeiten. An irgendeinem Punkt (MJ24) macht man mal einen größeren Schritt und will dann auch von der neuen Hardware profitieren. Das können simple Dinge wie Framerate (für Animationen) sein oder etwas komplexere Dinge wie Cache oder Swap Management oder, oder, oder. Allen tollen neuen Hardware-Features ist gemein, dass die alte Hardware sie nicht hatte. Wenn man jetzt davon profitieren will, MUSS man eine neue Major Version (= großer Versionssprung, also von 3.x auf 4.x) machen, zumindest solange man sich an SemVer orientiert.
Dieser Versionswechsel muss aber nicht zwingend das Ende der alten Version sein. Meist nimmt man den Code-Bestand, modernisiert featuregleich auf die neue Hardware, packt dann ein paar coole neue Sachen drauf und released dann die neue Version. Sprich: in 4.0 steckt immer noch sehr viel 3.x.
Der Hardware-Wechsel bedingt dann, dass Autos mit der alten Hardware die 4.x nicht laufen lassen können. Trotzdem wird man coole neue Features bei entsprechender Fanbase (Fans = Umsatz in der Zukunft) auch "backporten", also auf der 3.x-Linie nachbauen, so weit es irgendwie geht. Da die Code-Basis meist die gleiche ist, muss man "nur" den neuen Code hardwarekompatibel machen.
Das Vorgehen wirkt hart, ist aber eigentlich überall in der Softwareentwicklung gängig. Ich gehe auch davon aus, dass die neuen Features auf 3.x kommen werden, insbesondere solche wichtigen Features und mindestens noch ein paar Jahre lang, bis dann irgendwann der nächste große Sprung kommt und der Aufwand fürs rückportieren über zwei Hardware-Generationen dann zu groß würde.