Machen wir die Verwirrung komplett. Dabei ist wichtig, das der Energieinhalt Schwankungen unterliegt bedingt durch die Temperatur der Batterie. Zudem ist die maximal entnehmbare Energie abhängig von der Stärke des Stroms mit der sie entnommen wird. Je höher der Strom, desto weniger Energie kann entnommen werden (Peukert Effekt, auch bei Li Ion vorhanden, wenn auch schwächer).
Bruttokapazität / Energieinhalt
Die Lieferanten der Zellen bzw. Module (sie liefern direkt die Module mit je 24 Zellen) geben die Bruttokapazität vor, abhängig vom Modul bzw. dessen Schaltung (2P12s oder 3P8S).
Von LG Chem kennen wir die Daten. Nehmen wir deren 80er Batterie, so haben wir eine Kapazität von 234Ah je Modul mit Nominalspannung 29.36V. In der 80er Batterie sind 12 Module verbaut. Die Module sind in Serie geschalten, somit erhöhen sie die Spannung. Das ergibt demnach 29.36X12X234 =82’442.88 Wh Bruttokapazität, wobei es streng genommen nicht die Kapazität sondern der Energieinhalt ist. Die kennen wir auch von Skoda als Angabe.
Nettokapazität / Energieinhalt
Um eine längere Nutzungsdauer zu erreichen und die Zyklenfestigkeit zu erhöhen (sprich vorzeitige Degradation zu verringern) wird diese eingeschränkt im oberen Spannungsbereich.
Daher lädt der ENYAQ diese Batterie nur bis 96% auf. Daraus folgt 0.96*82'442.88 = 79’145.165 Wh Energieinhalt.
Weiterhin hat der ENYAQ abhängig von der Generation eine harte Reserve, die niemals genutzt wird, sprich er begrenzt die Entladung durch ein unteres Spannungslimit. Diese schützt die Batterie vor zu tiefer Entladung.
Bei ENYAQ der ersten Generation sind das 2%. und damit haben wir 79'145.165*0.98=77’562.262 Wh und somit unsere Nettokapazität von 77kWh oder besser gesagt Nettoenergieinhalt.
Diese wird uns als 100% im Display angezeigt, obwohl die Batterie nur auf 96% geladen wurde und zusätzlich 2kWh reserviert sind.
Batterie entladen / 0% SoC
Nun fahren wir unseren ENYAQ halbwegs gemässigt leer (wenig Stromaufschlag auf die Batterie). Währenddessen berechnet das BMS kontinuierlich über die Spannung (und weitere Werte) den verfügbaren Energieinhalt und damit auch den SoC. Beides sind nur rechnerische Näherungswerte basierend auf der Spannung und weiteren Methoden (Beispielsweise dem Coulomb Counting, also der Integration des Stroms über die Zeit). Irgendwann steht im Display 0%. Der ENYAQ bleibt aber nicht liegen. Der Grund ist, dass immer noch Energie in der Batterie ist, ca. 5-6% sind noch vorhanden. Würde der ENYAQ bei 0% wirklich am Batterieschutz vor Tiefenentladung ankommen, wäre das kritisch. Denn bedingt durch Schwankungen besonders bei letzten ca. 5-7% SoC im Display und den daraus resultierenden schwankenden Restkilometern wäre das Risiko zu hoch, dass man liegenbleibt. Der Grund dafür ist das Entlademuster der Spannung eines Li -Ion Akkus, wo die Spannung stark abfällt im unteren Spannungsbereich (irgendwo ab 3.2V).
Daraus folgt, das Dein Display-Energieinhalt von 100 auf 0 irgendwo bei 77'145.165*0.95=73’287.907 Wh also ca. 72-74kWh im Neuzustand liegen wird. Und daher kommt der Wert z.B. bei aviloo.
Du kannst aber jetzt immer noch weiterfahren und bei Skoda zählt dies mit in die nutzbare Nettoenergie hinein.
Einordnung
Hinter allem liegt keine Böswilligkeit von Skoda bzw. deren Ingenieuren. Die Entladekurve einer Batterie (auch die Ladekurve) basiert auf Batteriemodellen, die nur so gut sein können. Egal wie viel man simuliert und ausprobiert, sie bleiben eine Näherung. Wo ich nicht präzise messen kann, sondern schätzen muss, brauche ich Reserven für Rand- und Extremfälle. VW/Skoda hat daher die Batterie bei der ersten Generation MEB sehr konservativ genutzt und stark abgesichert. Aus diesem Grund wurde mit der zweiten Generation weniger Reserve eingeplant (1.1% statt 2%).
Warum VAG zuerst nur 82kWh "Batteriekapazität" und dann 77kWh "Nettokapazität" angegeben hat, wird wohl seinen Ursprung in Marketing und Sales haben...weils halt besser klingt (und technisch nicht falsch ist).
Wie hilfreich das für den Kunden ist...nun, das soll jeder selbst bewerten. Soweit ich weiss gibt Tesla gar keine Kapazität/Energieinhalt an, Kia/Hyundai beispielsweise wohl den von 100%-0% nutzbaren Inhalt laut Display und BMW hatte früher mal beim i3 die Ah angegeben, also die wirkliche Kapazität...am Ende verwirrt ist der Kunde.