Hallo zusammen,
sodele, ich hab mir mal von meiner Frau (Paula, hier im Forum auch aktiv) ausbedungen, dass ich auch mal was schreibe . Vielleicht ist das eine oder andere hier schon ad nauseam durchgekaut worden, ich schreib jetzt trotzdem frisch von der Leber, was wir auf der Reise so erlebt haben u.a. mit den Tücken künstlicher Intelligenz.
Wir sind am 26.12. von Allschwil (Schweiz) mit 100% Ladung Richtung Südfrankreich losgefahren. Auto mit Urlaubsgepäck geladen, dieses Mal alledings recht humane Zuladung. Wetter mehr lala, also soso, es hat geregnet. Die Reichweite wird jahreszeitenbedingt mit etwa 350km angegeben.
Seit dem grossen SW-Update soll ja alles besser sein - anders ist es auf jeden Fall. Als erstes, man kann endlich bestimmte Ladestationen als Zwischenziel angeben. Im Gegensatz zu Ladestationen für Fahrzeuge, die mit ausgestorbenen Echsenarten aus der Jurazeit betrieben werden, werden el. Ladestationen immer noch nicht per Default auf der Karte angezeigt. Also eigentlich gar nicht. Man muss sich auf die Vorschläge des Enyaq verlassen oder selber suchen. Das mit den Zwischenzielen ist ja nett, wird man aber staubedingt zu einer anderen Route animiert, bleibt einem dieses Zwischenziel. Der Enyaq *will* *dort* *durch*. Dieses Feature ist also nicht wirklich eine Verbesserung.
In diesem Zusammenhang gibt noch eine Skurillität. Der Enyaq geht davon aus, dass nur der Fahrer auf dem Touchscreen rumdrückt. Ist man etwas gar fleissig am suchen und nicht finden mosert er rum, das sei gefährlich. Ja, wissen wir, dafür haben wir den Navigator . Da müssten definitiv alle Ladestationen, auf Wunsch und mit Filtermöglichkeiten, auf der Karte erscheinen, damit man per Touch ein neues Zwischen-Lade-Ziel aktivieren kann. Mit Beifahrer mag das ja gehen, alleine aber ist das so wie es jetzt ist unbrauchbar während der Fahrt.
So, zurück zur Reichweite und Vorschlägen für Ladepausen. Aus irgend einem Grund war das Navi "etwas" verwirrt. Mal wollte es uns von der Autobahn leiten (bei Dôle), keine Ahnung, was das hätte bringen sollen und dann war es felsenfest überzeugt, wir müssten unbedingt einen Umweg fahren, um den nächsten Ionity Lader zu erreichen. (Kann sein, dass die Einstellungen so sind, dass er bei <20% unruhig wird, das müssen wird mal noch überprüfen). Nun wie dem auch sei, die Aire du Jura (ca. 300km von Basel) haben wird mit 4% noch erreicht. Wegen des Regens war der Verbrauch für unsere Verhältnisse sehr hohe 25kWh/100km. Hier merkt man schön, welch grossen Einfluss diese "Kleinigkeiten" auf den Verbrauch bei Elektrofahrzeugen haben.
Nun, wie dem auch sei, Zwischenziel ohne Zittern erreicht und am ersten Ladeplatz eingebogen. Ausser Betrieb. Ok nächster Platz, angehängt: 50kW, 80kW, 135kW, 150kW, 155kW - wie bitte? Richtig, 155kW, wenigstens für kurze Zeit, dann ging es wieder etwas zurück. Da haben sie beim SW Update offenbar ziemlich geschraubt . Ist die Batterie unter 10% geht da richtig die Post ab. Nach einer halben Stunde war wieder genug Saft drin, dass es sicher bis Lyon reichen würde. Einmal mehr bestätigt sich für uns: runterfahren, dann wird auch schnell geladen, nicht zu hoch laden, da dümpelt die Ladeleistung vor sich hin. ist einfach so, Batterien werden nicht linear geladen (keine mir bekannte Batterietechnologie).
So nach 10min: Es scheppert und knallt, ein dunkelgrauer Enyaq biegt etwas zu sportlich in die erste Ladebucht ein. Ist zwar bescheuert, dass da ein hoher Randstein so weit vorragt, aber kein Grund, gleich reinzudengeln. Nun, der etwas konsternierte Herr musste feststellen, dass die Ladestation immer noch nicht und der rechte hintere Reifen nicht mehr funktionierte. Platt wie eine Flunder. So wird das nichts mit Reichweite . Bis zu der nächsten funktionierenden Ladesäule hat er es noch geschafft...
Im Hotel konnten wir dann am AC Lader laden. Ich werde nie verstehen, wieso das nur mit 11kW gehen soll. Man kann so ziemlich alles per SW als Option ein- oder ausschalten. Ob nun ein AC Lader für 11kW oder 22kW ausgelegt wird, hat auf den Preis nur einen unwesentlichen Einfluss. Es wäre also ein Leichtes gewesen, die Hardware für 22kW auszulegen und dann per Option oder zur Steueroptimierung in gewissen Ländern zu drosseln. Nun, jetzt ist es eben so, diese Fehlentscheidung wird an VW auf ewig kleben bleiben .
Die Weiterfahrt bis zum Ziel war dann weniger aufregend. Navi war zufrieden (auch wenn andere Ladestationen angegeben worden sind), aber wir wussten ja, wo wir Pause machen wollten. Die angenehmer werdenden Temperaturen und trockene Strassen haben sich jedenfalls positiv auf den Verbrauch ausgewirkt. Bei der zweiten Ladepause hat der Ionitylader wieder mal die Powerpasskarte nicht gefressen. Kostet zwar einen Anruf, die Ladung ist dann aber auf magische Weise kostenlos . Dieses für Ionity unfreiwillige Feature kannten wir schon. Spart einen Haufen Geld
Fazit dieser (und auch früherer Fahrten auf der gleichen Strecke):
- Reichweitenangst, was ist das?
- 4% sind ok. Eng wird es, wenn dann die einzige Ladestation defekt ist. Zumindestens in Frankreich ist das aber auf grösseren Raststätten Vergangenheit: es gibt genügend Ladestationen, eine wird immer funktionieren
- Die E-Autodichte nimmt zu. Es kann durchaus sein, dass man mal eine Weile anstehen muss, bis eine Station frei wird
- Der Wirkungsgrad des E--Antriebs ist so hoch, dass sich auch kleinere externe Effekte gnadenlos auf die Reichweite auswirken. Temperatur, Nässe (!), Wind. Da purzeln die 510km schnell Richtung 300km.
- Wie die E-Autodichte nimmt die Dichte des Ladenetzes kontinuierlich zu. Es gibt also kaum mehr Probleme, auf den Hauptachsen rechtzeitig eine Lademöglichkeit zu finden
- 300-350km sind (zumindestens für uns als Famiie mit Kind und Hund) eine vernündftige Etappe. Dann ist eh eine Pause fällig. In der Zeit, in der sich Mensch und Hund erleichtert und mit Kaffee, Wasser und anderem gestärkt haben ist das Auto wieder bereit für die nächste Etappe. Wir haben noch nie länger als 40min geladen unterwegs. Hat immer gereicht.
- Die Zuverlässigkeit der Ladesäulen hat noch viel Luft nach oben. Aus beruflichen Gründen glaube ich den Grund zu kennen. Hat was mit unserem "Wirtschaftssystem" zu tun und der Tatsache, dass Ladestationen nicht Safety- und Systemrelevant sind. Noch nicht. Man sollte also schon vermeiden, mit wenigen % Ladung an einen unbekannten Ladeort zu fahren. Könnte sonst eng werden.
So, das wars mit meinem Reichweiten- und Ladebericht. Jetzt geniessen wir erst mal unseren Urlaub
Herzliche Grüsse Robert