Die Frage kam in mehreren Threads immer wieder mal direkt oder indirekt auf. Ich versuche in diesem Thread eine Erklärung zu liefern.
Die Autobahnraststätten wurden früher von einer bundeseigenen Gesellschaft betrieben. Diese wurde dann privatisiert. Tank&Rast hat heute die Konzession zum Betrieb für fast alle Autobahnraststätten. Eigentümer von Tank&Rast sind heute Investoren.
Gibt man bei Google oder YouTube "Tank&Rast" ein, findet man ganz schnell zahlreiche Artikel und Videos zur Monopolstellung von Tank&Rast und Kritik. Ein Hauptkritikpunkt sind die teuren Preise für Kraftstoffe und Essen.
Zur Konzession gehört auch das Recht, Kraftstoffe zu verkaufen. Und hier hat die alte Regierung aus CDU/CSU und SPD eine Rechtslage geschaffen, die die Ladeinfrastruktur an Autobahnraststätten bremst und auch noch bremsen wird. Als eine der letzten Amtshandlungen hat man am 20.05.2021 das Schnellladegesetz (https://www.bundestag.de/dokum…-schnellladegesetz-840252) auch mit Zustimmung der Grünen beschlossen. Darin wurde der Autobahn GmbH des Bundes das Recht eingeräumt, bestehende Konzessionen um den Betrieb von Schnellladeinfrastruktur zu erweitern.
Die Autobahn GmbH des Bundes hat die Konzession mit Tank&Rast dann erweitert. Fastned und Tesla haben im Rahmen eines Nachprüfverfahrens gegen diese Vergabe Widerspruch eingelegt. Nachdem dieser im Juni 2022 verworfen wurde, erfolgte dagegen eine Beschwerde, die vor dem OLG Düsseldorf verhandelt wird. Das Gericht hat sich im Juni 2023 an den EuGH gewandt, ob die Erweiterung vergaberechtlich zulässig ist (Pressemitteilung OLG Düsseldorf: https://www.olg-duesseldorf.nr…hnelladesaeulen/index.php, Beschluss OLG Düsseldorf: https://curia.europa.eu/juris/…=first&part=1&cid=2370126, Artikel zum Beschluss: https://www.lto.de/recht/nachr…u-recht-elektromobilitaet).
Obwohl sich die Autobahn GmbH bzw. Tank&Rast vor Gericht in ihrer Argumentation siegessicher geben (siehe Beschluss vom OLG Düsseldorf), haben sie laut F.A.Z. im März 2024 Maßnahmen für den Fall einer Niederlage getroffen (Paywall F.A.Z.: https://www.faz.net/aktuell/wi…-verzoegert-19595720.html, inhaltliches Zitat des Artikels: https://www.electrive.net/2024…tur-endet-wohl-erst-2025/). Hintergrund ist ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes der EU-Kommission, das die Erweiterung der Konzession an Tank&Rast als rechtswidrig sieht. Deshalb will man keine weiteren Schnellladesäulen an Autobahnraststätten neu bauen bis Rechtssicherheit herrscht.
Im Juli 2024 kam es zur Verhandlung vor dem EuGH (AZ C-452/23, https://curia.europa.eu/juris/…&lgrec=de&lg=&cid=2355011).
Es wird mit einem Urteil des EuGH im Jahr 2025 gerechnet. Danach muss dann das OLG Düsseldorf urteilen. Es bleiben zwei (realistische) Szenarien, die beide für eine weitere Verzögerung sorgen werden.
Szenario #1: Vergabe zulässig
Dafür wird man zumindest für den Bau das Urteil des OLG Düsseldorf abwarten. Realistisch muss man davon ausgehen, dass das Urteil nicht vor Sommer/Herbst 2025 fällt.
Die Zeit zwischen dem Urteil EuGH und OLG könnte man allerdings nutzen, um die Pläne zu aktualisieren. Die Bedingungen haben sich in den letzten Jahren geändert (Zinsen, sinkenden Nachfrage, Deutschlandnetz, sonstiger Ausbau von Ladeinfrastruktur usw.). Realistisch scheint ein Baubeginn ab Frühjahr 2026.
Szenario #2: Vergabe unzulässig
Dann haben die Beteiligten schneller Rechtssicherheit. Trotzdem wird es keineswegs schneller gehen, Ladeinfrastruktur an Autobahnraststätten zu bauen.
Es bedarf dann einer europaweiten Ausschreibung und es braucht die Zeit, die Krücke mit dem alten Gesetz rückabzuwickeln. Es darf dabei angezweifelt werden, ob die Ausschreibung von der aktuellen Regierung - falls diese dann noch im Amt ist - vor der Bundestagswahl auf den Weg gebracht wird. Wie schnell sich eine neue Regierung bildet, muss sich zeigen. Realistischer scheint ein Ausschreibungsbeginn im Jahr 2026. Nimmt man ein übliches Verfahren und rechnet einen Widerspruch bei der Vergabekammer ein, so dürften nennenswerte Bauaktivitäten erst 2027 geschehen.