Energie Mehrbedarf im Winter - Rein physikalisch

  • Wie wir mittlerweile alle gelernt haben, verbrauchen unsere Enyaq im Winter, teils deutlich mehr als im Sommer. Oftmals wird dies auf den Heizungsverbrauch reduziert. Auch wenn die Heizung (inklusive die Akkuheizung) ein großer Verbraucher im Winter ist, so finde ich, dass wir oft einen ganz wichtigen Faktor vergessen, an dem weder Wärmepumpe, Updates oder zukünftige Batterietechnik etwas ändern können. Und das sind die Fahrwiderstände. Kalte Luft hat eine höhere Dichte und somit erhöht sich der Luftwiderstand. Zusätzlich fahren die meisten mit Winterreifen, welche alleine durch ihr Profil einen höheren Verbrauch mit sich bringen.


    Deshalb will ich hier darstellen wie sich der Energiebedarf im Sommer und Winter unterscheiden, welche allein auf die Fahrwiderstände bezogen sind.


    Meine Annahmen:

    • IV 80 mit ca. 2100 kg Fahrgewicht
    • Sommer = 25 °C mit Reifen Energieklasse A
    • Winter = 0 °C mit Reifen Energieklasse C
    • cWA = 0,70
    • Keine steigungen
    • Konstantfahrt
    • Trockener Asphalt


    Als ersten habe ich versucht mit folgenden Formeln den Bedarf selbst zu errechnen:

    Formeln:

    cwA-Wert = cw-Wert * Stirnfläche
    Widerstandskraft Luft = cwA-Wert * Geschwindigkeit² / 2 * Luftdichte

    Widerstandskraft Reifen = cr * Fg
    Erforderliche Leistung = Widerstandskraft * Geschwindigkeit


    Luftwiderstand war hier klar.

    Beim Rollwiderstand habe ich den Rollwiderstandsbeiwert (cr) mit 5,9 für Sommerreifen bzw, 8,4 für Winterreifen angesetzt, so habe ich die Werte ca. aus der Einklassifizierung der Energielabel entnommen. Der so errechnete Wert erschien zwar irgendwie schlüssig, aber ich bin mir nicht sicher ob diese einfache Rechnung so zutreffend ist. Deshalb hab ich zusätzlich noch ecalc als vergleich heran gezogen und mit den entsprechenden Daten aus der Annahme gefüttert. Hier weiß ich aber auch nicht genau was für eine Berechnung vorgenommen wird. Die Realität liegt eventuell irgendwo dazwischen.

    Zusätzlich habe ich mal noch nen Tesla M3 LR dagegen gestellt als leichteres Fahrzeug mit weniger Luftwiderstand.


    Hier die Ergebnisse:

    1. Eigene Rechnung

    pasted-from-clipboard.png

    2. Ecalc

    pasted-from-clipboard.png

    3. Tesla M3


    pasted-from-clipboard.png



    Ein paar Erkenntnisse die ich daraus ziehe:


    • >3 kWh Verbrauchsunterschied Sommer / Winter sind beim Enyaq alleine durch die Physik bedingt eigentlich nicht zu vermeiden.
    • Ein schweres (Kombi) SUV ist hier naturgemäß ebenfalls im Nachteil gegenüber leichterer Limousine

    Interessant hier auch, da dies eine reine Bedarfs (und nicht Verbrauchs) Betrachtung ist, gilt diese Berechnung ebenfalls für einen vergleichbares Verbrennerfahrzeug.


    Es ist mir wichtig dies auch mal aufzuzeigen, da dies aus meiner Sicht sehr selten thematisiert wird und oft sehr einfach der Mehrverbrauch nur auf die Heizung geschoben wird.


    Gebe keine Gewähr auf die Auswertung, falls euch was unstimmig vorkommt gerne melden.

    Enyaq iV60 - EZ 6/21, 19" , WP, AHK nachger., SW 3.0

  • ferreron

    Sehr interessant. Was mir aufgefallen ist, was den Verbrauch zu jeder Jahreszeit hochtreibt: Regen. Erhöht sowohl den Luft- als auch den Rollwiderstand.

  • ferreron Ganz herzlichen Dank für Deinen Beitrag. Große Klasse! Ich mag es - neben unserem netten Smalltalk - wenn hier Erfahrungen oder wie von Dir hier gemacht nüchterne Berechnungen auf den Tisch kommen, um heiß diskutierte Themen zu objektivieren.

    Ich nehme noch folgende praktische Erkenntnis mit (basierend auf Deiner Berechnung):


    Der Mehrenergiebedarf beträgt im Winter bei 130 km/h 2,8 kWh. Reduziere ich im Winter die Geschwindigkeit gegenüber dem Sommer von 130 auf 120 km/h, dann schmilzt der Mehrverbrauch schon auf 0,4 kWh (18,8 ggü. 18,4 kWh). Dann käme im wesentlichen nur noch der Energiebedarf der Heizung obendrauf.

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  • ferreron vielen Dank für den sachlichen Beitrag.

    Auch wenn deine Annahmen nicht zu 100% richtig sein sollten, denke ich, dass sich aus deinen Berechnungen eine Tendenz ableiten lässt.

    Ich weiß nicht, ob sich ein physikalischer Effekt sinnvoll da mit hinein integrieren lässt. Das ist profan der erhöhte Widerstand elektrischen Stromflusses. Heizung hin oder her, wenn ich die Daten die hier im Forum bereits geteilt wurden noch richtig im Kopf habe, wird der Akku im Winter immer etwas kühler sein, als im Sommer.

    Evtl. spielen hier aber auch schon zu viele Variablen mit herein ?.

  • Ich war gestern mal wieder bei meinen Eltern in der Landeshauptstadt.

    Die Reise ging über die Dörfer, weil die A2 tief rot (Unfall) angezeigt wurde .

    Bei sonnigem Wetter, 6° und über 80km Fahrstrecke habe ich 18,3kWh/100km verbraucht.


    Ich meine, dass hier die niedrige Geschwindigkeit, der höhere Anteil an Beharrungsfahrt,

    und das Rekuperieren bis zum Stillstand den Verbrauch drückt.

    Sollte ferreron recht haben, so käme ich im Sommer auf ca. 16kWh100km.


    Bei anderen Fahrten und widrigen Wetterverhältnissen über die A2 steht auch mal die 22 in der Anzeige.


    Also alles im „Grünen“ Bereich.8)

    80er Sportline, Rot, mit etwas Zubehör, einem TakeOff am Haken und PV auf dem Dach.

  • Wenn ich mir reale, zumindest auf Rollenprüfständen ermittelte Rollwiderstände ansehe, die bei einigen Reifentests mit angegeben werden, sind die Rollwiderstands-Annahmen aufgrund von Energielabels oftmal der Knackpunkt bei Kalkulationen.


    1. Gibt es durchaus Fälle, wo im selben Test ein Reifen mit besserem Energielabel beim Rollwiderstand schlechter abgeschnitten hat, als ein schlechter belabelter Reifen und

    2. sind die realen Rollwiderstände beim Test einer Reifengattung (also z.B. nur Winterreifen) z.Teil sehr unterschiedlich.


    Dazu kommt, dass die 21-Zoll-Räder, die eher im Sommer gefahren werden, einen größeren Fahrwiderstand aufweisen sollen, als die 19-Zoll-Räder, die gerne mit Winterreifen gefahren werden.


    Vom Unterschied beim Rollwiderstand sind die o.a. Diagramme zum großen Teil abhängig und so könnten die Diagramme in der Realität durchaus anders aussehen.


    Beim Enyaq macht allein der Unterschied in der Luftdichte bei 100km/h ca 0,7kW aus.

    Die (definitiv i.d.R. notwendige) Heizung kann man bei längerer Konstantfahrt und 0 Grad ca mit 1kW Leistungsbedarf annehmen, so wie ich es anhand von veröffentlichten OBD-Messwerten mal abschätzen würde.


    (Es gibt bei 0 Grad keinen Zwang, die Heizung ein zu schalten. Es gibt bei 0 Grad aber auch keinen unbedingten Zwang, Winterreifen zu verwenden...)


    Ich vermute, dass der sich unter zusätzlicher Beachtung der hier genannten Rollwiderstandsunterschiede ergebende Gesamtenergiebedarfsunterschied, im o.a. Rechnungsansatz größer wird, als es in der Realität zwischen 0 und 25Grad, wenn jemand z.B. reale Messungen bei Konstantfahrt mit 100km/h macht, der Fall ist.

    Bestellt 23.11.2021: Enyaq iV80/ unverbindliches Lieferdatum: 4.Q 2022

    Auslieferung: 22.03.2023

    • Ein schweres (Kombi) SUV ist hier naturgemäß ebenfalls im Nachteil gegenüber leichterer Limousine

    Das erschließt sich mir noch nicht, inwieweit das "Gewicht" bzw. Masse hier einen Einfluss auf die Energiebilanz haben soll.Nach dem Energieerhaltungssatz muss man zwar initial mehr Arbeit aufwenden, um mehr Masse auf die gleiche Geschwindigkeit zu beschleunigen, gewinnt für dieses Mehr aber auch proportional zur Masse ein entsprechendes Mehr an kinetischer Energie, die man beim Rekuperieren ja wieder zurückholt.

    Das hinkt natürlich, weil der Wirkungsgrad der Rekuperation nicht 100% ist, aber um hier eine halbwegs belastbare Aussage Tesla 3 vs Enyaq treffen zu können, bräuchten wir ein paar Parameter mehr.

    BTW liegen M3 LR und iV 80 gerade mal 170 kg auseinander. Gehen wir davon aus, dass der Wirkungsgrad der Rekuperation bei beiden gleich ist, können wir den Parameter "Masse" komplett außer Betracht lassen.

    Sobald die Masse erst mal auf Vend ist, benötigen wir nur noch Erhaltungsenergie.

    Und die ist in der Tat direkt abhängig nur vom Luft- und Rollwiderstand. Und da hat der M3 evtl. beim cW 0,23 vs. cW 0,257 einen (kleinen) Vorteil.

  • Ernst Stavro Blofeld

    Hast du die Diagramme angeschaut? Auch bei den zwei Diagrammen mit den Daten von ecalc werden nur Luft und Rollwiderstand betrachtet und dennoch ist es ein Unterschied von Tesla zu Enyaq.


    Das Gewicht geht sehr wohl in den Rollwiderstand ein, zwar nicht extrem, aber 1 kWh pro 100 km unterschied kommt hier schnell zusammen, insbesondere bei Reifen mit schlechtem Rollwiderstandskoeffizienten.


    Und zu dem Luftwiderstand, hier wird der cw Wert mit der Frontfläche multipliziert. Und genau hier hat der Enyaq bauartbedingt Nachteile gegenüber Model 3.

    Enyaq iV60 - EZ 6/21, 19" , WP, AHK nachger., SW 3.0

  • Das Gewicht geht sehr wohl in den Rollwiderstand ein, zwar nicht extrem, aber 1 kWh pro 100 km unterschied kommt hier schnell zusammen, insbesondere bei Reifen mit schlechtem Rollwiderstandskoeffizienten.

    Genau, Rollwiderstand und Luftwiderstand entscheiden über die Höhe der Erhaltungsenergie.


    Erklär doch bitte, inwieweit der Rollwiderstandskoeffizient masseabhängig ist?

  • Tatsächlich bin ich mir nicht sicher welches die korrekte Berechnung ist. Für Hinweise hier bin ich dankbar. Folgende Formel erschien für mich schlüssig: Widerstandskraft Reifen = cr * Fg.

    womit der Widerstand proportional zum Gewicht ist. Dies bestätigt auch die Berechnung von ecalc.ch, welche bei ansonsten gleichen Parametern dem Tesla einen geringeren Rollwiderstand bescheinigt.

    Enyaq iV60 - EZ 6/21, 19" , WP, AHK nachger., SW 3.0

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